In Stellenanzeigen wirkt es oft so, als seien Unternehmen ausschließlich auf der Suche nach der Crème de la Crème, also Kandidat:innen, die herausragende Studienleistungen und überdurchschnittliche Abschlüsse vorweisen können.
Dabei ist auch in der Wirtschaft durchaus bekannt, dass es einen Unterschied zwischen qualifizierten Fachkräften – um die es häufig in den Stellenanzeigen geht – und hochqualifizierten Top-Talenten gibt. Während Erstere gewissermaßen die Basis für den Unternehmenserfolg sind, sollen Letztere einmal in die Leitungsebenen vorstoßen und den Kurs der Firma vorgeben.
Dieser Führungskräftenachwuchs ist rar, weshalb ein harter Wettbewerb um die sogenannten High Potentials entbrannt ist.
Inhalte
Was sind eigentlich High Potentials?
Den englischen Begriff einfach nur ins Deutsche zu übersetzen, greift bei der Suche nach einer Definition von High Potentials definitiv zu kurz. Zwar handelt es sich tatsächlich um Mitarbeitende – zumeist Nachwuchskräfte – mit einem besonders hohen Potenzial, doch ist damit noch nicht geklärt, wodurch sich dieses hohe Potenzial ausdrückt.
Forscher der Harvard Business School, die sich wissenschaftlich mit dem Talent Management beschäftigen, haben sich 2010 in einer Studie unter 45 internationalen Unternehmen den High Potentials genähert und eine Definition erarbeitet, die sie in der Harvard Business Review veröffentlicht haben: „High potentials consistently and significantly outperform their peer groups in a variety of settings and circumstances. While achieving these superior levels of performance, they exhibit behaviors that reflect their companies’ culture and values in an exemplary manner. Moreover, they show a strong capacity to grow and succeed throughout their careers within an organization – more quickly and effectively than their peer groups do.“
Es handelt sich bei High Potentials also offenkundig nicht nur um Talente, sondern um Top-Talente, die häufig schon während ihres Studiums herausragende Leistungen erreicht haben und dies auch im Unternehmen tagtäglich aufs Neue tun.
Das zeichnet ein High Potential aus
Es gibt in einem Unternehmen im Allgemeinen nicht sehr viele Angestellte, in denen die Personalverantwortlichen einen High Potential sehen. Die Forscher der Harvard-Business-School-Studie gehen von drei bis fünf Prozent aus. Um zu dem elitären Club zu gehören, müssen Talente demnach über folgende Eigenschaften verfügen:
- Es genügt nicht, eine astreine Performance abzuliefern und fehlerfrei zu arbeiten. Ein Schlüsselelement ist eine hohe Glaub- und Vertrauenswürdigkeit im Kollegenkreis. Denn in der Praxis braucht es Teamplayer – oder besser: Teamleader. Wer es nicht schafft, dass die anderen mit ihm gemeinsam für eine Sache arbeiten, der wird an der Spitze keinen Erfolg haben.
- Rückt ein Top-Talent in der Hierarchie nach oben und findet sich plötzlich in der Rolle des Teamleaders wieder, muss es beweisen, dass es lernfähig ist. Die neue Situation erfordert neue Kompetenzen – ein Techniker muss nun zum Beispiel nicht mehr nur eine Lösung für ein Problem finden, sondern sich mit Deadlines beschäftigen, Budgetverantwortung übernehmen und Personal führen. High Potentials zeichnen sich dadurch aus, dass sie diese Herausforderung meistern.
- Schließlich kommt es auch noch auf die Persönlichkeit des Einzelnen an. Bekanntermaßen wird die Luft, je höher ein Talent die Karriereleiter steigt, immer dünner – und das Leben einsam. High Potentials gelingt es, in ihrer neuen Rolle als Gesicht bzw. Anführer eines Teams eine gute Figur zu machen und eine ausgeprägte Sozialkompetenz an den Tag zu legen. Sie gehen auch negativen Stimmungen nicht aus dem Weg, sondern greifen sie aktiv auf und suchen nach einer Lösung.
Jack Zenger, einer der Gründer des Führungskräfte-Entwicklers Zenger Folkman, ermittelte in einer unternehmenseigenen Studie mit seinem Kollegen Joe Folkman zehn Eigenschaften, über die High Potentials verfügen. Dazu zählen laut einem 2014 veröffentlichten Artikel im Forbes Magazine strategisches Denken, die Motivation der Teammitglieder, Ergebnisfokussierung, Teamwork, fachliches Wissen und hohe ethische Standards. Auch muss die Führungskraft über hervorragende kommunikative Fähigkeiten verfügen.
Wie Unternehmen High Potentials finden und fördern
Um diese hochqualifizierten Nachwuchskräfte ist in den vergangenen Jahren ein regelrechter Krieg entbrannt, ein War for Talent. Schuld sind einerseits der demographische Wandel, zum Anderen aber auch die immer höheren Belastungen, denen Top-Manager ausgesetzt sind, weshalb es für Unternehmen umso wichtiger geworden ist, sich rechtzeitig die Fachkräfte mit dem höchsten Potenzial zu sichern.
Voraussetzung dafür ist ein systematisches Talent Management, das nicht nur darauf abzielt, externe High Potentials zu finden und für das Unternehmen zu gewinnen, sondern auch intern an der Entwicklung und Qualifikation von Top-Talenten zu arbeiten. Dazu gehört es, Talente zu identifizieren und Potenziale der Mitarbeitenden zu analysieren sowie gezielt zu fördern. Mentoring-Programme oder Coachings können zum Beispiel verwendet werden.
Denkbar ist auch, dass Führungskräfte, die in absehbarer Zeit aus dem Unternehmen ausscheiden oder in eine andere Position wechseln, die für die Nachfolge vorgesehenen High Potentials schulen.