Das Personalwesen ist kein Ponyhof – nicht umsonst wird in Fachkreisen vom „War for Talent“, also dem Kampf um die besten Köpfe gesprochen. Und oft gewinnt man dabei den Eindruck, dass nur große Konzerne die Mittel haben, um erfolgreiches Recruiting zu betreiben. Doch diese Vorstellung ist falsch. Denn jedes Unternehmen kann erfolgreich(er) rekrutieren, wenn es nur einige Dinge beachtet.
Dafür ist es zunächst einmal wichtig, sich als Recruiter von der Vorstellung zu verabschieden, dass sich die Personalgewinnung auf das Verfassen von Stellenanzeigen beschränkt. Recruiting ist weit mehr: Es fängt mit der Überlegung einer ganzheitlichen Recruiting-Strategie für Ihr Unternehmen an. Und diese Strategie sollte grundsätzlich beinhalten, Ihr Unternehmen attraktiv für die Einstellung der besten Mitarbeiter zu machen.
Wie wir in unserer Studie Bewerbungsverfahren und Markenwahrnehmung herausgefunden haben, hat der Recruiting- und Bewerbungsprozess nicht nur großen Einfluss auf die Arbeitgebermarke, sondern auch auf die Unternehmensmarke und dessen Produkte insgesamt.
Es lohnt sich also, für eine bewerberfreundliche Recruitingstrategie zu entwickeln.
Optimales Zeitmanagement im Recruiting
Ein Aspekt dabei, ist das Zeitmanagement. Um geeignete Kandidaten anzusprechen, ist ein 20/20/60-Rekrutierungsplan empfehlenswert.
Zwanzig Prozent Ihrer Zeit planen Sie demnach für das Schreiben spannender und interessanter Stellenanzeigen ein. Weitere zwanzig Minuten benutzen Sie für die intelligente Suche auf Jobnetzwerken wie LinkedIn.
Sehen Sie diese Jobnetzwerke auch als Möglichkeit zum Netzwerken und nicht als reine Datenbanken. Lernen Sie die wichtigsten booleschen Operatoren, wie AND, OR, NOT, “_” and (_) für die Suche in den Netzwerken kennen. Der kreative und flexible Umgang mit diesen Operatoren – beispielsweise unter Zuhilfenahme des LinkedIn-Recruiter – hilft Ihnen dabei Kandidaten zu finden, die sich von der Masse abheben.
Die übrigen sechzig Prozent Ihrer Recruiting-Anstrengungen investieren Sie in die Suche nach Mitarbeitern über Ihr unternehmenseigenes Mitarbeiterempfehlungsprogramm.
Optimieren Sie es ständig. Entwickeln und etablieren Sie zusammen mit der Geschäftsleitung einen Unternehmensgeist, der für die Mitarbeiter täglich erlebbar und erfahrbar ist. Besonders wichtig dabei ist, Ihren Mitarbeitern deutlich zu machen, dass jede zum Erfolg führende Empfehlung geachtet und belohnt wird. Vergessen Sie dabei nicht das Coaching der Mitarbeiter, die mit potenziellen Kandidaten in Berührung kommen. Je freundlicher ein Bewerber empfangen wird, desto sicherer entscheidet er sich für das Unternehmen.
Keine Scheu vor Active Sourcing
Haben Sie einen potenziellen Kandidaten entdeckt, dann scheuen Sie sich nicht diesen sofort anzurufen. Es muss dabei nicht immer gleich um die Einstellung dieser Person gehen. Fügen Sie sie oder ihn doch einfach Ihrem Netzwerk hinzu. Vielleicht bietet sich später eine geeignete Möglichkeit diesen Bewerber einzustellen.
Wichtig für ein erfolgreiches Rekrutieren ist vor allem das Loslassen von überkommenen Methoden der Kandidatensuche. So ist es in vielen Fällen nicht mehr erfolgversprechend solche Stellenanzeigen zu verwenden, die lediglich die Merkmale aufzählen, die vom Bewerber vor dem Hintergrund der zu besetzenden Stelle erwartet werden.
Eine gute Alternative sind performanz-orientierte Stellenbeschreibungen, damit sich auch diejenigen Personen in den Anforderungsprofilen wiederfinden, die vielleicht nicht den entsprechenden Abschluss besitzen, aber in den letzten fünf Jahren genau die Art von Aufgaben erledigten, die durch die Stellenanzeige jetzt zur Dispositionen stehen. Das gleiche gilt für Job Interviews.
Es empfiehlt sich in diesem Kontext auf sogenannte “2-Question Performance-Based Interviews” zurückzugreifen. Sie bieten bessere Möglichkeiten den Kandidaten kennenzulernen und die Passgenauigkeit zwischen ihm und den Anforderung der ausgeschrieben Stelle zu ermitteln.
Machen Sie sich mit Social Recruiting vertraut
Erfolgreiches Rekrutieren in diesen Tagen kommt ohne den Einsatz von Social Media nicht mehr aus. Doch auch hier lohnt sich die grundsätzliche Überlegung, wie sie die einzelnen Kanäle benutzen möchten. Viel bringt in diesem Fall nicht immer viel.
Setzen Sie Social Media lieber sparsam ein und betrachten sie es als ein Werkzeug, mit dem Sie Aufmerksamkeit beeinflussen und erhöhen können. Lernen Sie durch Social Media Einstellungen und Stimmungen derjenigen zu erfassen, auf die sie Ihre Rekrutierungsanstrengungen richten: den neuen Mitarbeitern Ihres Unternehmens.
Passen Sie deshalb Ihre Postings an und veröffentlichen Sie diese zielgerichtet. Es kommt nicht so sehr darauf an viele Follower zu haben, sondern vielmehr darauf, die richtige Message zum richtigen Zeitpunkt dem richtigen Publikum bereitzustellen.
Hierzu gehört auch, den ausgeschriebenen Job richtig zu verstehen. Für Recruiter ist es wichtig zu wissen, was der Kandidat im Unternehmen täglich zu tun und welche Fähigkeiten er hierfür mitzubringen hat. Nur so kann er den geeignetsten Kandidaten auch tatsächlich finden. Kennt er die Stelle nicht in und auswendig, kann die Suche nach geeigneten Talenten zeitintensiv und schwierig werden.
Und verstehen Sie auch den einzelnen Bewerber. Denn es kommt die Zeit, da Sie den Kandidaten im Unternehmen im Beisein der Kollegen aus der Fachabteilung vorstellen. Wenn Sie den Bewerber in seiner ganzen Persönlichkeit verstehen, bringt der gesamte Rekrutierungsprozess mehr als der pure Abgleich einer Stelle mit den Fähigkeiten des Bewerbers. Werden Sie sich bei jedem Kandidaten im Klaren darüber, was er bisher gemacht hat, was er in seiner künftigen Position machen wird und weshalb er einen beruflichen Wechsel anstrebt.
Und wie können Sie all das umsetzen?
Ganz einfach gesprochen: Strukturieren Sie Ihre Arbeit und sparen Zeit ein. Investieren Sie täglich fünfzehn Minuten und machen Sie sich einen Plan. Nutzen Sie Listen hierfür – entweder auf Papier oder durch eine App. Halten Sie Meetings nicht zu lange ab und antworten sie kurz und knapp in E-Mails. In der Arbeit mit Kandidaten bedeutet dies, keine Zeit mit denjenigen Bewerbern zu verschwenden, die für den Job ohnehin nicht in Frage kämen. Sagen Sie diesen Bewerbern zügig ab und konzentrieren sich auf die geeigneten Kandidaten – dann sollten Sie auch zukünftig bestens für den War for Talent gerüstet sein.
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