Einzelkämpfer oder Teamplayer? Nervenbündel oder Ruhepol? Planer oder Improvisierer? Bevor sich Unternehmen endgültig für einen Kandidaten oder eine Kandidatin entscheiden, müssen diese häufig ein Assessment Center absolvieren. Dort warten Übungen, Tests und Rollenspiele, mit denen die Bewerber auf Herz und Nieren geprüft werden – von fachlichen, sozialen bis hin zu psychologischen Kompetenzen.
Neben dem Live-Check, in dem die Bewerber ihre Qualitäten unter Zeitdruck beweisen sollen, dient das Assessment Center jedoch auch dazu, die Kandidatenentscheidung der Personaler juristisch zu rechtfertigen. Bei etwaigen Klagen, etwa Nichtbeachtung des Gleichheitsgrundsatzes, haben Unternehmen so nachvollziehbare und überprüfbare Entscheidungskriterien zur Hand.
In der Regel laufen Assessment Center mindestens ein- oder mehrtätig ab und bestehen aus mehreren, methodisch unterschiedlichen Verfahren. Wir geben einen Überblick zu den verschiedenen Varianten des Assessment-Centers und geben Beispiele für typische Übungen.
Assessment-Center-Übungen: Einzelmethoden
Bei den Einzelmethoden steht der einzelne Bewerber im Mittelpunkt. Für den Arbeitgeber geht es vor allem darum, mehr über die berufliche Motivation und die Arbeitsweise des Kandidaten oder der Kandidatin zu erfahren.
- Interview: Ein typischer Start in das Assessment Center ist das (Einzel-)Interview, in dem sie Ihre Eindrücke aus dem ersten Vorstellungsgespräch noch einmal überprüfen können. Schlägt sich der Kandidat/die Kandidatin genauso gut? Und wie hebt er/sie sich von den anderen ab? Eine Variante des klassischen Vier-Augen-Gesprächs ist, das Interview als Partner-/Gruppenübung durchzuführen, indem sich die Kandidaten gegenseitig vorstellen müssen. Auf diese Weise können sich Unterschiede noch deutlicher zeigen.
- Postkorbübung: Der Name ist zwar etwas angestaubt, aber dennoch ist die Postkorbübung einer der Klassiker bei Assessments. Das Prinzip ist simpel: Mehrere Aufgaben gehen in einen Postkorb (heute eher ein E-Mail Postfach) ein, welchen die Bewerber ständig und vor allem selbstständig beobachten müssen. Die Herausforderung besteht darin, die eingehenden Aufgaben, die alle verschiedene Dringlichkeitsstufen haben, möglichst effektiv zu erledigen. Hier zeigt sich, wie es um die Logik, Prioritätensetzung und Effektivität der Kandidatinnen und Bewerber bestellt ist.
Assessment-Center-Übungen: Gruppenmethoden
Im Gegensatz zur Einzeldisziplin geht es hier um die Frage: Wie teamfähig, kommunikativ oder führungsstark sind Ihre Kandidaten?
- Gruppenaufgabe: Dazu werden die Bewerberinnen und Bewerber in Kleingruppen (etwa fünf Personen) eingeteilt, die gemeinsam eine Aufgabe in einem bestimmten Zeitrahmen zu lösen haben. Die Bewerber stehen dabei unter Beobachtung und werden schließlich nach ihrem sozialen Verhalten und ihrer Performance in Teams beurteilt.
- Gruppendiskussion: Die Teilnehmer diskutieren gemeinsam ein Thema. Das kann ein vorgegebenes Thema sein, etwa mit Unternehmensbezug oder einer aktuellen Debatte. Sie können die Teilnehmer aber auch selbst ein Thema bestimmen lassen. Gegebenenfalls teilen Sie die Gruppe vorher in Pro und Kontra ein und/oder bestimmen einen Moderator. Scheuen Sie sich nicht, die Initiative zu ergreifen, um der Diskussion mehr Struktur oder eine neue Richtung zu geben. Sie können fremde Ideen aufgreifen und weiterentwickeln.
- Rollenspiel: „Stellen Sie sich vor, dass….“ heißt es für den Bewerber beim Rollenspiel. Dabei geht es in der Regel um eine realistische, berufsbezogene Konfliktsituation, mit der Kandidat oder die Kandidatin zielführend umgehen muss. Meist handelt es sich um ein schwieriges Gespräch mit Kunden, Kollegen oder Vorgesetzten. Das Rollenspiel kann zwar auch als Einzelübung durchgespielt werden, effektiver ist es jedoch als Partner- oder Gruppenübung.
Assessment-Center-Übungen: Präsentationen
Im beruflichen Alltag kommt jeder an den Punkt, wo (Selbst-)Präsentationsfähigkeiten gefragt sind. Logik, Überzeugungskraft und rhetorische Fähigkeiten sind die Qualitäten, die bei dieser Übung gefragt sind.
- Themenpräsentation: Bei der Themenpräsentation soll ein Vortrag inhaltlich strukturiert und rhetorisch überzeugend gehalten werden. In der Regel umfasst der Vortrag mehrere Bereiche, bei der unterschiedliche Fähigkeiten der Bewerber gefragt sind. Denkbar sind etwa Themenbereiche wie
– „Zukünftige Entwicklung des Unternehmens“: Wie gut kennen sich die Bewerber mit der Branche und Trends aus?
– „Berufliche Qualifikation“: Wie gut ist der Bewerber für die Stelle und das Unternehmen geeignet? Kann er sich selbst realistisch reflektieren?
– oder ein aktuelles gesellschaftliches oder politisches Thema: Wie geht der Bewerber argumentativ vor – sachlich-analytisch oder meinungslastig-emotional? - Stresspräsentation: Bei der sogenannten Stresspräsentation geht es – wie der Name bereits impliziert – darum, den Bewerber oder die Bewerberin in eine Extremsituation zu bringen, um Stressresistenz und Belastbarkeit zu testen. Daher wird den Teilnehmern nur wenige Minuten Zeit zum Vorbereiten für eine Präsentation gelassen. Kritische Zwischenfragen der Assessoren können den Schwierigkeitslevel noch weiter steigern.
Assessment-Center-Übungen: Tests
Ein Test sagt mehr als Tausend Worte: Hier geht es um die konkrete Untersuchung von Merkmalen wie Persönlichkeit, Intelligenz oder Leistungsfähigkeit der Bewerber. Diese Tests können im Gegensatz zu den vorherigen Methoden auch zeit- und kostengünstig als Online-Version umgesetzt werden.
- IQ-Test: Der Klassiker unter den Tests, bei dem das Denkvermögen der Teilnehmer unter die Lupe genommen wird, zum Beispiel durch das anyltische Erkennen von Gesetzmäßigkeiten von Bildreihen oder Zahlenfolgen.
- Leistungstest: Bei einem Leistungstest wird die Konzentrationsfähigkeit und das Leistungsvermögen der Teilnehmer überprüft. Hier gilt es etwa in einem vorgegebenen Zeitfenster Rechenaufgaben zu lösen, Fragen zu beantworten oder
- Persönlichkeitstest: Psychometrische Tests versuchen die Eigenschaften und Charaktermerkmale der Bewerber zu erfassen. Bekannte Testverfahren sind etwa der Myers-Briggs-Typenindikator (MBTI) sowie die Persönlichkeitstests DISG oder Insights. Noch genauer ist etwa das sogenannte TalentQ-Verfahren: Damit lässt sich ergründen, wie ein Mitarbeiter strategisch arbeitet und auf Veränderungen reagiert. Da die Ergebnisse auf einer nummerierten Skala ausgewiesen werden, können Kandidaten direkt miteinander verglichen werden.