Nachdem wir uns bereits mit den Kriterien zur Bewerberauswahl beschäftigt haben, wollen wir uns jetzt mit dem Führen von Bewerbungsgespächen auseinandersetzen. Dieses stellt nicht nur für Kandidaten eine Herausforderung dar, auch Recruiter und Hiring Manager sind oft überfragt.
Inhalte
- 1. Mach dich mit dem Bewerber vertraut
- 2. Bereite einen Interviewleitfaden vor
- 3. Schaffe eine angenehme Atmosphäre
- 4. Smalltalk hilft als Gesprächseinstieg
- 5. Gespräch aktivieren und gezielt Fragen stellen
- 6. Zuhören, nachhaken, bestätigen
- 7. Bleibe Gesprächsführer
- 8. Denk an das Employer Branding
- 9. Notiere Antworten und Beobachtungen
- 10. Lass dir mit der Entscheidung Zeit
1. Mach dich mit dem Bewerber vertraut
Lies dir vor dem Gespräch die Bewerbungsunterlagen deines Kandidaten noch einmal aufmerksam durch. Notiere offene Punkte und Widersprüche, vermeide jedoch Fragen, die bereits aus den Dokumenten hervorgehen.
„Was haben Sie studiert?“ – diese Frage ist nicht nur redundant, sondern zeugt auch davon, dass du den Lebenslauf nicht aufmerksam gelesen hast. Wer jedoch von seinen Bewerbern verlangt, sich über das eigene Unternehmen informiert zu haben, der darf im Gegenzug auch über den Kandidaten die wichtigsten Fakten wissen.
2. Bereite einen Interviewleitfaden vor
Um das Gespräch möglichst geordnet und zielgerichtet zu führen, hilft es, den Gesprächsablauf grob zu planen. Was willst du von deinem Bewerber wissen? Welcher Interviewteilnehmer stellt welche Fragen (sofern es außer dir noch weitere gibt)? Wie lange soll das Gespräch dauern? Behalte diesen Ablauf möglichst auch bei weiteren Interviews bei – so kannst du die Kandidaten hinterher besser vergleichen. Unser kostenloses E-Book kann dir dabei als Startpunkt dienen: E-Book – Interview-Leitfaden für Recruiter & Hiring Manager
3. Schaffe eine angenehme Atmosphäre
Suchen dir sich einen ruhigen, hellen Raum – fernab von Telefongeklingel und Kopiererlärm. Lass auch deine Mitarbeiter wissen, dass du während des Gesprächs nicht gestört werden willst. Falls du Getränke reichst, stell dir vorher alles bereit. Last but not least: Sei zur vereinbarten Zeit bereit! Du erwartest schließlich auch, dass deine Bewerber pünktlich sind.
4. Smalltalk hilft als Gesprächseinstieg
Ein Bewerbungsgespräch ist für die meisten Kandidaten eine Ausnahmesituation. Willst du den Kandidaten wirklich kennenlernen, hilft es, wenn du ihm die Nervosität so weit wie möglich nimmst.
Begrüße ihn, sobald er den Raum betritt und biete ihm etwas zu trinken an. Als Arbeitgeber solltest du das Gespräch beginnen. Fang aber nicht sofort mit fachlichen Fragen an, sondern sprich lieber erst einmal über allgemeine Dinge. Smalltalk á la „Haben Sie gut zu uns gefunden?“ erleichtert den Gesprächseinstieg.
5. Gespräch aktivieren und gezielt Fragen stellen
Generell gilt: Halte dich zurück und lass den Bewerber möglichst viel mit eigenen Worten erzählen. Achte also darauf, die Gesprächsaktivität dem Bewerber oder der Bewerberin zuzuspielen. Dies verlangt eine sichere Fragetechnik. Die geeignetste Frageform sind offene Fragen, also solche, die sich nicht mit Ja oder Nein beantworten lassen (Wie, wer, was, welche…?). Damit erreichest du die gewünschte Tiefe des Gesprächs.
Gerne kannst du auch ungewöhnliche Fragen stellen. Die Praxis bewusst provozierende Fragen zu stellen, um den Bewerber unter Druck zu setzen und eine Stresssituation auszulösen, ist allerdings mit Vorsicht zu genießen. Auch wenn die Antworten Rückschlüsse auf die Persönlichkeit zulassen können, so gelingt dies meist nur psychologisch versierten Menschen. Bei allen anderen ist die Gefahr groß, falsche Schlüsse zu ziehen.
Wenn Stressresistenz also nicht explizit zu deinem Anforderungsprofil gehört, sind außergewöhnliche Fragen die bessere Wahl. Standardfragen wie „Was sind Ihre Schwächen?“ solltest du generell lieber vermeiden – darauf hat sich so ziemlich jeder Bewerber eine Antwort zurechtgelegt.
6. Zuhören, nachhaken, bestätigen
Zeige Interesse am Bewerber, indem du aufmerksam zuhörst und auf einzelne Aussagen und Fragen eingehst. Suche dabei ruhig Blickkontakt, aber vermeide permanentes Anschauen. Auf jeden Fall ist es ratsam, geduldig zu bleiben. Selbst wenn der Bewerber eine Frage nicht sofort beantwortet, geschieht dies meist nicht aus Unwissenheit, sondern ist auf die Anspannung zurückzuführen. Gib ihm Zeit und signalisiere Bestätigung durch kleine Gesten, etwa ein zustimmendes Nicken.
7. Bleibe Gesprächsführer
Denke jedoch daran: Auch wenn die Hauptgesprächsaktivität beim Bewerber liegen sollte, bist du derjenige, der das Gespräch führt. Schnell passiert es, dass man ins Plaudern kommt und vergisst, worum es eigentlich geht. Sei dir deshalb stets seiner Rolle bewusst und nutze die wenigen Minuten sinnvoll. Schweift der Bewerber zu sehr ab, hol ihn freundlich, aber bestimmt wieder zurück und konzentriere dich auf die Kernpunkte. Gleiches gilt auch für deine eigenen Antworten: Bleibe fokussiert und konkret.
8. Denk an das Employer Branding
Bei jedem Bewerbungsgespräch, das du führst, repräsentierst du dein Unternehmen. Dein Gesprächspartner kann ein künftiger Mitarbeiter sein – er sollte also einen möglichst guten Eindruck bekommen. Zudem wird er auch dann von seinen Erfahrungen im Bekanntenkreis berichten, falls er sich gegen die Stelle entscheidet. Denke also daran: Je nachdem wie das Interview läuft, kannst du deine Arbeitgebermarke stärken oder schwächen.
9. Notiere Antworten und Beobachtungen
Mache dir während des Gesprächs Notizen, am besten direkt im Interviewleitfaden. Bei Gesprächen mit mehreren Kandidaten verliert man sonst leicht den Überblick. Idealerweise diskutierst du deine Eindrücke nach dem Gespräch gemeinsam mit den anderen Interviewpartnern.
10. Lass dir mit der Entscheidung Zeit
Kommt der Bewerber in die engere Auswahl, ist es gut, mindestens ein weiteres Gespräch zu führen. Am besten holst du einen Vorgesetzten oder ein Teammitglied hinzu, um weitere Meinungen zum Bewerber einzuholen. Letztlich geht es auch um die Frage: Möchte ich mit diesem Menschen gerne zusammenarbeiten? Wenn du dies am Ende mit Ja beantworten kannst, hast du beim Bewerbungsgespräch alles richtig gemacht.